Patti Smith „Als Robert Mapplethorpe im Sterben lag, habe ich ihm versprochen, unsere Geschichte aufzuschreiben. Ich habe mein Versprechen gehalten." Ihr Buch "Just Kids: Die Geschichte einer Freundschaft" (Kiepenheuer&Witsch) erscheint in diesen Tagen in Deutsch. Exzerpt von Karlheinz In Just Kids erzählt Patti Smith ihre und Robert Mapplethorpes Geschichte. Sie lernen sich mit Anfang zwanzig im New York der späten sechziger Jahre kennen, werden ein Paar, probieren sich aus im weiten Feld zwischen Kunst und Theater, Literatur und Rock ’n’ Roll. Sie werden berühmt, Patti Smith in den siebziger Jahren als Rockmusikerin, Robert Mapplethorpe in den achtziger Jahren als Fotograf und bildender Künstler. Pattis Buch ist eine zärtliche Innenaufnahme einer Liebe von zwei Menschen, die sich inspirieren, es zeigt aber besonders auch eine weiche Seite Mapplethorpes, die heute überschattet ist von seinem Ruf als drogensüchtiger Skandalfotograf. Als sie erfuhr, dass Robert schwul ist, dachte sie, er sei es geworden, weil sie ihre Rolle als seine Lebenspartnerin nicht erfüllt hätte. Sie dachte damals, Männer würden schwul, weil sie ihresgleichen nicht unter Frauen fänden. Später wurde ihr jedoch klar(?), dass das keine rationale Entscheidung ist. Alle in ihrer Umgebung, auch Robert, nahmen damals jede Droge, die sie bekommen konnten, Heroin, LSD und gingen davon aus, dass auch sie Drogen nahm, weil sie so dünn, ja mager und bleich aussah. „Ich war zwar nie ein Anti-Drogen-Typ, fand es aber abscheulich, wenn Drogen dazu missbraucht wurden, Probleme zu lösen, die sie nicht lösen können. Für mich waren Drogen etwas Heiliges, einen Schritt näher an Gott heran, an die Muse." Patti Smith und der Rock‚n’Roll. Ihr erstes Album Horses von 1975 gilt als Klassiker, das den Punkrock mitbegründete. Ihr größter Hit Because the night (die Musik schrieb ihr Bruce Springsteen) wird bis heute, im Original und in unzähligen Coverversionen, im Radio gespielt. Das berühmteste Bild von ihr ist das Albumcover von Horses, aufgenommen von Robert Mapplethorpe. Was die begeisterten Fäns des legendären Rockpalast- Konzerts von 1979 in der Essener Grugahalle und die 70.000 bei ihrem letzten Konzert in Florenz nicht ahnten, war, dass Patti Smith ihren neuen Geliebten, Fred „Sonic“ Smith heiraten, in die Nähe von Detroit aufs Land ziehen, zwei Kinder bekommen, kochen, Wäsche waschen und aufhören würde, ein Star zu sein. „Ich hatte das Gefühl, dem Rock’n’Roll alles gegeben zu haben. Mein Ziel war es immer gewesen, für die Außenseiter zu singen, ich war ja selbst eine von ihnen, ich wollte die Türen öffnen für andere Bands. Das hatte geklappt. Mein Auftrag war erledigt." Sie hat das zurückgezogene Leben genossen, sie wollte einfach nur Patti sein, ein Mensch. Politische Gruppen, einige Feministinnen wollten sie dagegen (as usual!) vereinnahmen und verlangten, sie solle sich als Lesbierin outen. „Die hatten mich nicht verstanden.“ Von heute aus betrachtet scheint es, als hätte Patti Smith eine Ahnung gehabt, dass ihr nicht viele Jahre mit der Liebe ihres Lebens bleiben würden. Patti Smith und der Tod. Der Fotograf Robert Mapplethorpe, ihr engster Vertrauter und früherer Geliebter, "der Künstler meines Lebens", wie sie ihn nennt: 1989 an Aids gestorben. "Ich glaube heute, dass die Aids-Medikamente, die Robert verpasst wurden, ihn getötet haben. Er war Teil eines großen Experiments", sagt sie und setzt hinzu: "Viele, die sich später mit HIV infiziert haben, sind wegen dieser Experimente noch am Leben." Ihr Ehemann Fred "Sonic" Smith, Musiker der legendären Band MC5, Vater ihrer beiden Kinder: 1994 gestorben an einem Schlaganfall. Kurz darauf ihr Bruder, der früher ihr Tourmanager war: gestorben an einem Herzinfarkt. Und in den Jahren zuvor Freunde und Kollegen, alle mehr oder weniger in ihrem Alter, der Schriftsteller Jim Carroll, Janis Joplin, Jim Morrison... Nach dem Tod ihres Mannes und ihres Bruders geriet sie auch in arge finanzielle Bedrängnis. Der schwule Schriftsteller und Freund Allen Ginsberg, der sie ermutigte, wieder auf die Bühne zu gehen, Michael Stipe, Sänger von R.E.M., der sich für sein Idol um einen Plattenvertrag kümmerte und Bob Dylan, der ihr anbot, als Vorband bei seiner Tour aufzutreten, verhalfen jedoch zu ihrem Comeback. Hat sie ihm je gestanden, dass sie Bob Dylans Gang kopiert hat? "Nein, aber ich glaube, er weiß es. Bob hat eine feminine Seite, besonders als er jung war, und ich hatte eine jungenhafte Seite. Wir haben uns in der Mitte getroffen." Patricia Lee Smith wurde 1946 in Chicago geboren, und es deutete nicht viel darauf hin, dass aus der Tochter einer Arbeiterfamilie, die den Zeugen Jehovas angehörte, je eine Stilikone werden würde. "Der Begriff Vintage existierte in den Fünfzigern noch nicht", sagt sie, "die reichen Leuten warfen ihre Garderobe der letzten Saison einfach weg. Das war gut für mich!" Und so zog der Teenager Patti Blusen von Dior an, ohne dafür zu bezahlen. "Natürlich war ich damit in der Schule eine Außenseiterin, die anderen fragten sich, warum ich diese merkwürdigen Sachen trage. Aber ich wusste ja, warum, das hat mir genügt." In den Neunzigern bekam sie ein Paket aus Paris zugeschickt, mit einem Stapel weißer Hemden und einem Brief der Designerin Ann Demeulemeester, die sich bedankte: Sie hatte für ihre aktuelle Kollektion Patti Smiths Horses-Look zitiert. Die beiden sind mittlerweile eng befreundet. Ist sie zurzeit verliebt? "Erstens geht Sie das gar nichts an." Sie grinst. "Und zweitens: Wenn Sie wissen wollen, ob ich einen Partner habe, nein, habe ich nicht. Ich bin 63 Jahre alt, arbeite viel, lerne neue Leute kennen..." beispielsweise Johnny Depp, der sie liebevoll „Patti Lee“ nennt. "Er hat mir eine magische Münze geschenkt, die ich seitdem immer bei mir habe,", sagt sie und fasst in ihre Hosentasche, zieht ihre Hand dann doch zurück. Der Talisman soll seine Magie nicht verlieren. Dinge, Objekte haben Patti Smith schon immer fasziniert, sie hat Picassos Pinsel fotografiert, Hermann Hesses Schreibmaschine, Tolstojs Fahrrad. Und sie besitzt ein Paar Slipper von Papst Benedikt XV., der 1920 Jeanne d’Arc heiliggesprochen hat. Sie hat sie einem Kloster abgekauft. "Als Zeugin Jehovas", sagt sie, "bin ich ohne Bilder, ohne Objekte aufgewachsen, vielleicht sind sie deshalb meine Leidenschaft geworden." Auch von Robert Mapplethorpe hat sie vieles aufbewahrt, Bilder, Briefe. Und seine Asche. "Als er im Sterben lag, habe ich ihm versprochen, unsere Geschichte aufzuschreiben. Ich habe mein Versprechen gehalten." Mit dem Buch wird sie reisen, im März kommt sie nach Deutschland, danach nimmt sie ihr nächstes Album auf. Patti Smith stellt sich mit ihren 63 Jahren der Aufgabe, als Legende alt zu werden und lässt sich dabei immer noch von den vor ihr gestorbenen Freunden inspirieren. Wer den vollständigen Artikel lesen möchte, der gehe zu: Patti Smith Siehe auch: |
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