Ian Gillan
(Rock-) Musik in meinem Stammlokal muss nicht unbedingt SO unverweigerbar druckvoll aus dem Schallwandler kommen wie in Schraders legendärem "Hard Rock Café" (nicht zu verwechseln mit der pinkelfeinen, weltweiten Fress-Lokal-Kette gleichen Namens) im Souparterre in der Dasselstraße im "Kwartjee Lateng" in Köln, DEM Traum einer Musikkneipe, die diesen Namen wirklich verdiente. Aber ein klein wenig lauter als der gemeine "Laber-Pegel", das wäre doch ab und zu ganz (wieder)belebend.

Der empathische Mitmensch hat es sofort gespürt: So leiden Rock-Musik-Freunde in ihren "zweiten Wohnzimmern". Und so haben wir gelitten, Elke weniger, aber Uwe und ich (Karlheinz), bis wir endlich begriffen, dass es nur eine Lösung gibt: Wir müssen "unsere" Musik selber machen.

Gegen alle Zweifel, ob das denn in erheblich fortgeschrittenem Alter überhaupt noch möglich wäre, haben wir vor mehr als 15 Jahren mit dem Versuch begonnen, Stücke eigenhändig nachzuspielen. Und, siehe da: Es ist möglich, kostet zwar viel Geld, macht dafür aber noch viel mehr Vergnügen.

Mit eigener PA proben wir einmal pro Woche und freuen uns auf plus/minus fünf Auftritte pro Jahr. Wenn es uns dabei gelingt, Freunden selbst und weitestgehend analog gemachter Musik ein paar bescheidene, aber hörbare Momente der Erinnerung an ein grandioses Jahrhundert des Rock zu ermöglichen, dann hat es sich für uns mehr als gelohnt.

Die Stücke, die wir mögen, stammen aus dem Songbook des Blues, Folk, Rhythm and Blues und der "Kinder" des Rock and Roll, von Classic und Progressive Rock, "aller existenzialistischen und deshalb lebensrettenden Musik"(1). Eine kleine, mehr oder weniger zufällige Auswahl bieten Verknüpfungen mit den Miniaturen der Bild-Leiste links.

Wir versuchen, "unsere" Stücke in der Nähe einer unserer Lieblings-Versionen nachzuempfinden. Alle Abweichungen unserer Remakes von den Originalen sind - wie es jeder Unvollkommenheit des Herzens gebührt - im "Ego te absolvo" der großen Freizeit-Musik-Liebes-Beichte eingeschlossen... hoffentlich!


Nun noch zu einer häufig gestellten Frage: "Warum ist Euer Logo ein höflich grüßender Bauer vor dem himmelhohen Spiegelbild einer Uhr ohne Zeiger?"

Darauf haben wir drei Antworten. Zuerst eine absurde: Sollen wir vielleicht einen hämisch grinsenden Bonus-Bänker davor stellen? Dann eine pragmatische: Eine Uhr ohne Zeiger ist besser als gar keine Uhr. Zuletzt eine metaphysisch-spirituelle: Vielleicht geht sie ja doch - innen! - Just In Time.

Grüß Dich, Karl V.!

Welch unbarmherziges Schicksal - or was it "a simple twist of fate??" - verdonnerte uns Just In Time zu einer derart glücklichen Gestaltung unserer (Frei-)Zeit?

Nach zwei verheerenden Welt-Kriegen durften die Menschen in den Industrie Nationen eine bis dahin unvorstellbar lange Zeit erleben, ohne selber legalisierten Mord, Vergewaltigung, Vertreibung und Zerstörung von unschätzbaren Sachen erleiden zu müssen. Dafür konnten sie nun ihre ganze Lebenskraft in etwas artgerechtere "Kultur"- Leistungen als die Herstellung und Bezahlung wahnwitziger Mengen immer wahnwitzigerer Waffen investieren.

Rock Musik, elektrisch verstärkter Folk und Blues in den Britischen Kolonien der "Neuen Welt", war eines der zu besetzenden Handlungsfelder. Poeten wie Woody, Pete und Bob füllten deren Songbook mit unerhörten Texten, die weltweit hochgradig ansteckend wirkten. Besonders im europäischen Mutterland schossen bis dahin ebenso unerhörte Pop- und Rock-Musik-Kapellen wie die Pilze aus dem Boden. 

In diesem geschichtlichen Vorfeld suchten wir, die "Baby Boomer" der Alten Welt, wie jede Generation von Pubertisten, nach einem Medium unserer Identität. Viele von uns fanden es in Levi's Röhrenhose 501 und in der Rock Musik. Speziell wir, die Kinder deutscher Eltern, die den bisher größten Weltenbrand mit zu verantworten hatten, verbanden mit der "Rock Kultur den Protest gegen Geschichts-Vergessenheit, nachhaltiges Schweigen und Verdrängen der Vergangenheit, bloßes Konsumdenken und gesellschaftspolitische Erstarrung. Der Vietnamkrieg war dann ein weiteres Motiv"(2).

Frech, grell und schrill, verzaubernd, traumhaft und erotisch sollte es sein, in Harmonie mit den Größen der Musikgeschichte von Johann Sebastian bis Ludwig van. "With a little help of our friends", von Elvis bis Bob, Mick und Paul, fanden sich unsere Eltern bald wg. „Negermusik“ genau auf der Palme wieder, auf die wir sie damit bringen wollten.

Die ewige Liebe und ihr leidenschaftlicher Hofstaat von Eros, Eifersucht, Gewalt und Macht, ebenso wie die Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, von Solidarität, Loyalität, Gerechtigkeit und Verantwortung, waren - selbstverständlich - exklusiv für uns in die Textzeilen dieser „neuen“ Musik geschrieben worden. In Wahrheit nahmen sie wohl eher - nach dem Erwachen einer Kriegs-Gehirn-erschütterten Welt - endlich wieder den Rang ein, der ihnen im zeitlosen Sing Sang der Menschheit schon immer gehörte.

Technische Entwicklungen im Musik Instrumenten Bau, von der elektrischen Ton-Abnahme und Verstärkung, dem elektronischen Klavier, dem Synthesizer bis zum Computer Sound, machten nie vorher gehörte Klänge zu einem Gemeinschafts-Erlebnis für immer größere Mengen von Menschen. Zusammen mit kompositorischer Meisterschaft entstanden Lieder, die nicht nur in unseren Gehirnen eingebrannt sind, sie haben zu Recht ihren Platz in den Ruhmeshallen der Musik dieser Welt. 

Eine persönliche Erschütterung meiner urvertrauenden Blauäugigkeit, Rockmusik könne grundsätzlich nur von sozialverpflichteten Menschen mit entsprechend verantwortbaren Inhalten gemacht werden, "verdanke" ich einer fast sträflich späten, bewussten Lektüre der Texte eines waffen-blöden Nugent, vor Schultoren buhlender Nachwuchs-Arier und anderer Sektenvertreter, die das Vehikel Rockmusik für ihre Botschaften missbrauchen.

Gute (Rock) Musik hat ihren Wert nur zu einem kleinen Teil in Stimmband-, Fingerübungen und anderen technischen Finessen der Tonerzeugung. Der (Kon)Text, die in und mit ihr ausgedrückten Gedanken sind es, die ihren Wert vorrangig bestimmen. Erst Gedanken und Töne gemeinsam erzeugen in mir die Bilder und Emotionen von Freiheit und Schönheit, die DIESE Musik zur Tonspur meines Lebens machten. Am besten bringt es zum Ausdruck, was Woody Guthrie auf seine Gitarren schrieb: THIS MACHINE KILLS FASCISTS(5).

Was aber berechtigt mich eigentlich, auch noch weit fortgeschrittenen Alters, diese Musik eigenhändig nachspielen zu wollen und sie damit - möglicher Weise, in den Ohren mancher - zu verhunzen? Neben der bereits erwähnten Notwehrsituation gegenüber obligat labernde Zeitgenossen, scheint mir die Antwort im Aufeinandertreffen einer spezifischen akustischen Sozialisiertheit meiner Generation und den Musik Vermarktungs Praktiken 2.0 zu liegen.

Wer durch Kindheit, Jugend und frühes Erwachsenenalter mit dem satten, warmen Klang röhren-befeuerter Radio-Lautsprecher groß werden durfte, mit den aufregenden Kreationen der Plattenküchen und Tonband-Archive von AFN, BFBS, Radio Luxemburg, WDR- und natürlich SWR-III im Ohr, der wird in einer steril-digitalisierten, und video-kontaminierten Pop-"Moderne" garnicht anders überleben können.

So ist das dilettierende, eigenhändige Musizieren wohl Teil des Versuchs, die Hoheit über den persönlichen Hörraum zurück zu gewinnen, mit den eigenen Bildern im Kopf, durch weitestgehend analoge (Re)Produktion dieser einmal erlebten Hör-Genüsse, zur Rettung der Seele in Notwehr gegen Phantasie bevormundende, wenn nicht gar tötende Em-Tie-Wie-Verhirnlosungen?!

Als entschiedene Gegenposition zur landläufigen Meinung, dass die Begeisterung für populäre Musik das ausschließliche Recht der menschlichen Fortpflanzungsphase sein dürfe, könnte die folgende Warnung eines gewissen Bobby Zimmerman ja auch als Hinweis verstanden werden, die geistige Existenz des Menschen nicht ausschließlich biologisch determiniert zu betrachten:

He not busy being born is busy dying (3)

Das Leben bewahrt für jeden ein stilles, beständig wachsendes, unverdientes Glück, auf den Spuren dieser großen Ton- und Text-Dichter, den Kreationen ihrer Liebe und Leidenschaft für alle empathischen und mitmenschlichen Themen, "aller existenzialistischen und deshalb lebensrettenden Musik(1)" sein zu dürfen. Und dieses Glück ist keinem bestimmten Lebensabschnitt vorbehalten. Es entwirft sich ununterbrochen neu und ist ein Geschenk für uns alle, die wir es empfinden können und so lange unsere Gedanken Träumen folgen.

And if my thought-dreams could be seen
They'd probably put my head in a guillotine
But it's alright, Ma, it's life, and life only.
(3)

Another "simple twist of fate" (Hi, Bob Dylan - hopefully we are not really born too late?!):
Unser neuer Proberaum befindet sich in einem Jugendheim namens "Eichi", nach dem spätromantischen deutschen Lyriker Joseph von Eichendorff (10.03.1788 - 26.11.1857). Neben der Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" (1826) ist das folgende Gedicht wohl eines seiner bekanntesten Geschöpfe:

"Wünschelrute" (1835)

Schläft ein Lied in allen Dingen
die da träumen fort und fort,
und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
(4)

...not so bad a twist of fate - isn't it?

. Karlheinz


(1) Willi Winkler [

(2)Dr. Klaus Harms (Pfarrer i.R.),
Mainz, in den Sechzigern Polizeipfarrer in West-Berlin - aus seinem Leserbrief zu: Bernd Ulrich: "Der 68er-Komplex" DIE ZEIT Nr. 23, in: DIE ZEIT Nr. 25, 2009-06-10.

(3) Bob Dylan, [

(4) Joseph von Eichendorff, [


(5) Sollte ich mal in die Verlegenheit kommen, ein musikalisches Glaubens-Bekenntnis zu schreiben, dann könnte das, was Woody Guthrie hier sagt, ein Teil davon werden: 

"Ich hasse ein Lied, dass Dich glauben macht, absolut nichts zu taugen. Ich hasse ein Lied, dass Dich glauben macht, Du seiest ganz einfach nur geboren um zu verlieren – Verlieren sei Dein Schicksal – Du seiest für niemanden, für nichts zu gebrauchen – weil Du zu alt oder zu jung oder zu fett oder zu mager, zu hässlich, zu dies oder zu jenes seiest, Lieder, die Dich schlecht oder sich über Dich lustig machen, weil Du Pech hast oder weil es Dir schlecht geht.

Ich kämpfe gegen solche Lieder bis zu meinem letzten Atemzug, meinem letzten Tropfen Blut. Dies ist Deine Welt – und wenn es Dich auch heftig getroffen hat, Du Dich ein Dutzend Mal überschlagen hast, egal, welche Hautfarbe Du hast, wie groß Du bist, wie kaputt Du bist, ich will die Lieder singen, die Dich stolz auf Dich machen und das, was Du geleistet hast. Die Lieder, die ich singe, sind zum größten Teil für Leute gemacht, denen es fast genauso geht wie Dir.

Ich könnte auch für die andere Seite arbeiten, die Seite des großen Geldes, könnte jede Woche reichlich Dollars dafür bekommen, dass ich aufhöre, meine eigenen Lieder zu singen und stattdessen solche von der Art, die Dich noch weiter runter bringen, sich über Dich lustig machen, die Dich glauben machen, nicht einen Funken von Verstand zu haben.

Aber ich habe mich schon vor langer Zeit dafür entschieden, dass ich eher verhungern würde, bevor ich irgendwelche Lieder dieser Art singe. Die Radiowellen, die Filme, Musiktruhen und Liederbücher sind bereits voll genug und quellen über von solchen üblen Liedern.

Woody Guthrie"


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Woody Guthrie †03. 10. 1967
Woody Guthrie †03. 10. 1967 THIS MACHINE KILLS FASCISTS
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