Die SZ promotet die Deutschland Tournee von Ramm(el)stein


Leserbrief zu
Deutsches Theater
„Rammstein“ stehen auf dem Index – und füllen die Arenen der Welt. Gekonnt spielen die sechs Musiker mit Zitaten aus dem Cabaret, mit Provokationen und Pyrotechnik. Nächste Woche startet die Band in München ihre Tour durch die Heimat: Zuvor ein Besuch in Barcelona – zum Konzert und zum Gespräch bei einer Tasse Tee. 
Von Andrian Kreye
Süddeutsche Zeitung, 2009-11-20 Leserbrief zu

Siehe auch: blogs/sueddeutsche.de...


Dieser Herr Landser ist ein so netter Mensch, da kann es doch nur ein Missverständnis sein, dass man Ramm(el)stein im eigenen Land in so unangenehme Ecken gestellt hat, meint Andrian Kreye. Wo ihre Stadien füllende Kundschaft im In- und noch mehr im Ausland doch überhaupt keine "Probleme mit dem Deutschsein“ und „dem natürlichen Umgang mit ihrer eigenen Identität“ hat, "den es in Deutschland natürlich nicht gibt".

Mit welchem "Deutschsein", welcher "Identität" haben die von Landser beklagten Ramm(el)stein-nicht-versteher eigentlich welche "Probleme"? Was meint er denn mit einem „natürlichen Umgang“ damit, und woraus zieht er den geistes-akrobatischen Schluss, dass es diesen "natürlichen Umgang" mit "seinem eigenen Deutschsein" nicht nur aus einem zwar ungenannten aber nachvollziehbaren Grund, sondern "natürlich" in Deutschland nicht gebe?

So dumm und naiv wie diese nicht nur tiefergelegt singenden, DDR-sozialisierten Herren angeblich durch die "Schock"-Zitate ihrer "Arbeiter- und Bauernlieder" stolpern, sind sie mit Sicherheit nicht. Ihr ebenso geldgeiler wie vorgeblich sorgloser Umgang mit "deutschen Bildern" bedient dafür schamlos Trotz-Sympathisanten im eigenen Land und weltweit Klischeevorstellungen von einem "Deutschsein", das seit der Naziherrschaft auf deren kleinbürgerlichen, sozialdarwinistisch schwachsinnigen Welteroberungswahn reduziert ist.

Die umwerfend originelle Geschäftsidee dieser Firma, den pubertistischen Rundum-Tabubruch, als "Cabaret" zu bezeichnen, ist ebenso abenteuerlich, wie es beruhigt, zu wissen, dass sie mit ihrer, nur zu durchschaubar kalkulierten Provokations-"Lyrik" niemals Anwärter auf einen Literatur Nobelpreis sein werden. Diesen "natural born bubies", global playing mit dem Führrerr-Rrr im großen Mund ("Außer uns will ja keiner böse sein"), die denn auch nichts näher liegenderes behaupten dürfen, als "politisch links zu stehen", kann man nur zurufen: "Eat humble pie"!

"Natural Born Bugie" - über vierzig Jahre "alt" -
nicht die schlechteste Alternative, die Ohren von
"neuer deutscher Bubi-Härte" frei zu pusten?!

Wenn das, was diese sechs Ramm(el)steine verbrechen, Kultur sein soll, dann ist allein diese Behauptung nach meinem Dafürhalten ebenso eine Beleidigung für jeden Kultur-Begriff, wie unverschämte Vergleiche mit Kraftwerk, Can und gar Pink Floyd total daneben gehen, lieber Herr Kreye. Wenn es denn einzig darum gehen sollte, offenbar unverbesserliche Erwartungen der Welt an Deutschland profitträchtig zu bedienen, dann ramm(el)(stein)t mal begeistert weiter! Nur bitte ausdrücklich nicht in meinem Namen.

Karlheinz


Noch eine - wirklich - letzte Bemerkung zu diesem Crap-Thema:

Als „geistig reduzierte Figur“, wie Ramm(el)stein-Fääns Menschen bezeichnen, die nicht ihren Geschmack haben, möchte ich nicht versäumen, meine Hochachtung für die Urteilskraft einiger von ihnen auszudrücken, die den Gegenstand ihrer nationalen Begeisterung so zutreffend und farbig bei i-Tunes beschreiben:

Die „Neue deutschen Härte“, ein dunkler Gitarrensound, den jeder deutsche „Mann“ haben muss! Balladen gehören aufs „Frauenalbum“. Nie war „die dunkle Seite“ erotischer, wenn man beim Hören der Texte dieses „bösen Nicht-Sängers“ innerhalb weniger Minuten zum Dämon aus der Hölle mutiert, Kraft strotzend, ungebremst aggressiv, düster, zerstörerisch, brachial, wütend... 

Dem kann ich nur voll zustimmen: Ein dumpfes Maschinenwaffen-Gerumpel von Bass, Schlagzeug, entsprechend verzerrten Gitarren und Computer-Rotz garniert mit Kinderschreck-GegRrröle, "gosssick" oder was auch immer für'n "mettel" genannt.

Eine Umweltveränderung, die bei mir einen persönlichen Shitpoint im Millisekundenbereich hat. Das ist der Zeitraum von der ersten Wahrnehmung eines unerträglichen Reizes bis zum ultimativen Akt seiner Vermeidung. Beim Fernseher ist das ein reflektorischer Knopfdruck auf die Fernbedienung. In anderen Fällen (Party, Kneipe) hilft nur Flucht, also die Verbringung des eigenen Körpers außer Reichweite der Reizquelle.

In Fall Ramm(el)stein ist dies am einfachsten: Putativer Konsumverzicht! In andere Verlegenheiten käme ich nie.

Karlheinz

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siehe auch: Rammelsteins tiefergelegte "Kunst"

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