Tollwood München, 1. Juli 2014

BOB DYLAN

Tänzelnd vergnügt, knietief zurück in die Ewigkeit, wo alles groß und gut ist ...
Bis zum nächsten Mal. Macht's gut!

Wie Herr Rabe doch noch Retro-Fan wurde?!


Exzerpt aus einem Artikel von JENS-CHRISTIAN RABE


Da ich jünger bin als die Hardcore-Fans und Dylan nie als jungen, nicht mal als mittelalten Zeitgenossen erlebt habe, verstehe ich ja nicht immer(?), um was es geht. Dass jedoch der drahtige alte Mann in dem Werbespot für den Automobilkonzern Chrysler nicht nur aussieht wie der große BOB DYLAN, sondern es zweifellos auch ist, der ohne Not seine eigene Legende verschleudert und zudem wirklich famosen Stuss redet, das verstand ich sofort.

Das alles steht in einem merkwürdigen Kontrast zum Konzert dieses 73-Jährigen in München. Da hatte er nämlich gar nichts Wichtigtuerisches, sondern eher etwas tänzelnd Vergnügtes. Keine spontane Kontaktaufnahme mit dem Publikum, aber es gab ja die Songs, die Musik(!), die er von ganz weit her - von der Americana-Ewigkeit, mindestens - ganz fabelhaft ins ausverkaufte Tollwood-Zelt dengelte.

Ohne jeden Pathos-Patriotismus. Im Gegenteil. Nicht mal richtig ausgeleuchtet. Eher so im Schummerschein. Aber aus ewigen Niederlagen, unüberwindlicher Hoffnungslosigkeit und nagenden Zweifeln lässt sich ja vielleicht ein Auto bauen, eine Autoindustrie auf keinen Fall.

Als schmaler, ganz locker-konzentriert über die Bühne tippelnder Dylan in der aktuellen Dylan-Uniform mit schwarzem Deputy-Sonntagsanzug und dem steifen breiten Obstfarmer-Hut, dem das Publikum von der ersten Sekunde zu Füßen lag, rollte er ein paar ziemlich massive Kiesel in seinem Rachen zur Seite und sang mit kleiner Rumpel-Saloon-Kapelle samt Kontrabass und Pedal-Steel in aller Würde knietief ... ... ... immer weiter in die Ewigkeit zurück. Und alles, alles war wieder groß und gut.

So war es wahrscheinlich auch in der Werbung gemeint, nur wir haben es nicht kapiert und Chrysler auch nicht. Weil, als er mit der Band am Schluss an den Bühnenrand trat, da verbeugte er sich nicht und ließ sich nicht demonstrativ feiern.

Er sah sich uns eher eine halbe Minute noch mal etwas genauer an, als ob er dachte: „So, so, Ihr seid also die, die einen wie mich brauchen. Interessant. Na ja, bis zum nächsten Mal. Macht’s gut.“

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Die Antwort, mein Freund
Bob Dylan in München: Der Mann aus der Autowerbung kommt auch ohne Pathos-Patriotismus aus

Von JENS-CHRISTIAN RABE
Süddeutsche Zeitzung, 3. JuLi 2014


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