Vinyl wächst aus seiner Nische.

Mein Vater hört CDs – warum sollte ich das tun?

Eine Hörerschaft im Hochschul-Alter, der CD entwöhnt, wendet sich Vinyl zu. Gut ein Dutzend neuer Vinyl-Presswerke sind in den letzten zehn Jahren in den Vereinigten Staaten eröffnet worden.


Es gab immer Plattensammler, die die Compact-Disc verschmähten, weil die Rillen einer LP Wärme und Tiefe wiedergeben, der der digitale Code der CD nicht das Wasser reichen kann.

Der Markt jedoch ignorierte sie weitestgehend. Plattenfirmen schlossen ihre LP-Press-Werke, mit Ausnahme einiger weniger, die meist Tanzmusik pressten, da Vinyl nach wie vor das Medium der Wahl von D.J.s war.

Neuerlich bringen alle größeren Firmen und viele kleinere Vinyl heraus, was zu einer Welle neuer Presswerke führte.

Als das Electronic-Duo Daft Punk im Mai „Random Access Memories“ herausbrachte, waren sechs Prozent des Verkaufs in der ersten Woche – 19.000 von 339.000 - auf Vinyl, wie Nielsen SundScan berichtete, die Musikverkäufe in den US und Canada erfassen.

Andere Gruppen mit vorherrschendem Publikum im Hochschulalter haben ähnlichen Erfolg gehabt: Ebenfalls in einer Woche verkaufte die National 7.000 Vinyl-Kopien von „Trouble Will Find Me“ und 10.000 Vampire Weekend Anhänger wählten die LP-Version von „Modern Vampires of the City“.

Michael Fremer, der bei analogplanet.com die Szene beobachtet, sagt: „Keine dieser Firmen pressen Schallplatten einfach zum Spaß. Sie tun dies, weil sie sich versprechen, sie verkaufen zu können.“

Thomas Bernich von Brooklyn Phono sagt, dass seine Firma in einem Jahr etwa 440.000 LPs herstellt; Ein Gigant wie Rainbo Records, in Canoga Park, Californien, bringt 6 bis 7,2 Millionen heraus, wie sein Generalmanager Steve Sheldon sagte.

Quality Record Pressings in Salina, Kansas, nahmen 2011 ihre Produktion auf, nachdem sein Besitzer, Chad Kassem, ungeduldig auf Verzögerungen beim Bau einer Fabrik reagiert hatte, in der seine Reihe von Blues Wiederauflagen gepresst werden sollten. Seine Firma, in der vier Pressen laufen, stellt nun LPs für alle führenden Plattenfirmen her. Augenblicklich presst er 900.000 Vinylplatten pro Jahr.

„Wir hatten immer mehr Aufträge, als wir erledigen konnten,“ sagte Herr Kassem. „Wir haben nie einen Dollar für Werbung ausgegeben, aber wir waren vom ersten Tag an voll beschäftigt.“

Im Augenblick gibt es eine Grenze bis zu der sich das Vinylgeschäft vergrößern kann. Als es unvermeidlich schien, das CDs LPs ersetzen würden, wechselten die Firmen, die Vinyl-Pressen herstellten zur Herstellung anderer Maschinen. Die letzte neue Presse wurde 1982 gebaut. Jüngste Firmen-Neugründungen suchten gebrauchte Pressen (gängiger Preis etwa 25.000 $) und setzten sie wieder in Stand.

Einige Pressen-Werke haben den Bau neuer Pressen geprüft, fanden aber, dass die voraussichtlichen Kosten von um die 500.000 Dollar zu hoch wären.

Das LP-Geschäft ist eine strittige Geschichte. David Bakula, der Senior Vizepräsident von Nielsen SoundScan für Auftrags-Entwicklung und Erkenntnisse(?), sagte das seine Gesellschaft 4,6 Millionen Inlandsumsätze im letzten Jahr registriert habe, 18 Prozent mehr als in 2011, aber immer noch nur 1,4 Prozent des gesamten Marktes. In diesem Jahr könnten die Vinyl-Umsätze laut Herrn  Bakula etwa 5,5 Millionen erreichen.

Aber Hersteller, spezialisierte Einzelhändler und Kritiker halten dagegen, dass die Zahlen von SoundScan nur einen Teil der tatsächlichen Verkäufe in den Vereinigten Staaten erfassen, möglicherweise nur 10 bis 15 Prozent, sagt Herr Kassem.

Andere Feldanalysen beziehen Zahlen von Zusatzgeschäften mit ein. Heinz Lichtenegger, dessen Audio Tuning Firma in Wien den Pro-Ject Plattenspieler herstellt, sagte, dass seine Firma monatlich 8.000 Plattenspieler verkaufe.

Music Direct, eine Chicagoer Firma, der das Mobile Fidelity Sound Lab gehört, meldet einen ähnlich großen Warenbestand, einschließlich Plattenspieler in der Preisspanne von 249 bis 25.000 Dollar. Josh Bizar, der Verkaufs- und Marketing Direktor sagte, dass Music Direct im letzten Jahr 500.000 LPs und „Tausende von Plattenspielern“ verkauft habe.

Und die Käufer, so Herr Bizar, sind alles andere als Nostalgiker. „Jugendliche rufen uns an und teilen uns mit, warum sie Vinyl hören,“ sagt er „und wenn wir sie fragen, warum sie nicht CDs hören, sagen sie, ‚CDs? Mein Vater hört CDs – warum sollte ich das tun?'“


ins Deutsche übertragen aus:

A College-Age Audience Weaned on CDs Now Reaches for Vinyl

by ALLAN KOZINN
THE NEW YORK TIMES INTERNATIONAL WEEKLY
Süddeutsche Zeitung, FRIDAY, JUNE 21. 2013


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