1. Jeder entlarvte Doping-Betrüger gibt dem Sport ein wenig Wahrhaftigkeit zurück

Die Affäre Armstrong ist der Modellfall für die Zustände in einer GLOBALEn MUSKEL-MESSE

Top-Funktionäre sind Sachwalter eines INDUSTRIESPORTS, eines MUSKEL- und MONETEN GEWERBEs der Industrie-Sparte SPITZENSPORT, die Sportpolitik ihr Erfüllungsgehilfe

Das zahnlos-zahme Anti-Doping-Getue in Deutschland ist politisch gewollt, sonst gäbe es längst ein hartes Anti-Doping-Gesetz

weiter:


2. Doping Bekämpfung Inkognito Made In Germany

Herr Vesper will keinen Kriminalroman

weiter:


Zivilcourage und Unabhängigkeit hebeln einen Pharma-Sport aus, der politisch geduldet, im Stillen vielleicht sogar erwünscht ist


Exzerpt eines Artikels von THOMAS KISTNER


Erstmals gibt es ja nun eine Anti-Doping-Instanz, die diesen Namen verdient, weil sie ihren Auftrag ernst nimmt und zu einem echten Ermittlungsorgan im Spitzensport geworden ist. Und man darf jetzt schon festhalten: Der Schaden ist enorm, den die amerikanische Agentur Usada mit ihrem Angriff auf Lance Armstrong angerichtet hat.

Nein, nicht der Flurschaden für den Sport, der ja durch Armstrongs Entlarvung ein wenig Wahrhaftigkeit zurückgewinnt – der Schaden für die Industriesparte Spitzensport. Die muss alles daransetzen, die Affäre Armstrong nicht öffentlich zu dem werden zu lassen, was sie tatsächlich ist: Modellfall für die Zustände in einer globalen Muskelmesse.

Travis Tygart, Chef der Usada, legt gern dar, wie heftig er unter Beschuss von Sport und Politik geriet bei seiner jahrelangen Recherche gegen den Supermann der Nation. Oft musste er zum Rapport nach Washington, noch öfter rechnete er mit dem Rauswurf.

Armstrongs politische Kontakte in den USA sind erstklassig. Doch nicht mal im Februar, als der kalifornische Bundesanwalt die Ermittlung gegen dessen Clan ohne Erklärung abblies, knickte die Usada ein. Das zeigt, was es braucht, um einen Pharmasport auszuhebeln, der politisch geduldet, im Stillen vielleicht sogar erwünscht ist: Zivilcourage. Und Unabhängigkeit.

Der Gegenentwurf zur Usada ist im deutschen Sport zu besichtigen. Auch hier tut die Sportpolitik nach Kräften, was Top-Funktionäre – die Sachwalter des Industriesports – sich von ihr wünschen.

In dieses Bild passt allerdings, anders als in den USA, auch die Anti-Doping-Agentur Nada, die sich weniger als Jäger denn als Partner der Athleten sieht. Als Berater jener Sportler, die den Job angeblich sauber betreiben wollen; wobei Nada-Chefin Andrea Gotzmann die Anzahl ihrer Schützlinge bei fabelhaften 99 Prozent ansiedelt.

Woher sie diese Zahl haben mag, liegt auf der Hand: Statistisch dümpelt der Pharmabetrug im Land verräterisch konstant bei ein, zwei Prozent. Nur vermutet werden darf, woher Gotzmann die Überzeugung schöpft, dass dies auch die Wahrheit abbildet: Aus frommem sportpolitischen Glauben. Denn tiefe Überzeugung, geboren aus der Realität eines gnadenlosen, teils kriminell unterwanderten Muskel- und Moneten Gewerbes, kann das nicht sein.

Jüngst hat sich die Nada artig bei der Politik für deren bescheidene Zuwendungen bedankt und für die „konstruktiven Gespräche“. Statt das für eine effektive Arbeit nötige Geld klar einzufordern, und dazu ein hartes Anti-Doping-Gesetz, wie es in anderen Ländern längst der Fall ist.

Das zahnlos-zahme Anti-Doping-Getue hierzulande ist politisch gewollt.

Dass diesen Verdacht nun auch Historiker hegen, die sich bei der Aufarbeitung deutscher Doping-Geschichte ausgebremst sehen, ist peinlich.

Aber logisch.

nach oben

Siehe auch Nada/Pferde:


Wer den vollständigen Artikel lesen möchte, gehe zu:

Doping und Politik
Der deutsche Patient

von THOMAS KISTNER
Süddeutsche Zeitung, 7. November 2012


Deutsche Doping-Studie gescheitert


Exzerpt eines Artikels von SZ/DPA/SID
Süddeutsche Zeitung, 8. November 2012


Berlin – Eine 500.000 Euro Steuergeld teure Studie zur Aufarbeitung der deutschen Doping-Vergangenheit ist gescheitert. Die Initiatoren und Auftraggeber dieses Projekts der „Selbst“-Untersuchung ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit seinem General-Direktor Michael Vesper und das ans Bundes-Innenministerium angeschlossene Bundes-Institut für Sport-Wissenschaft (BISp) mit seinem Direktor Jürgen Fischer.

Die damit beauftragte Berliner Forschergruppe um die anerkannten Sport-Historiker Professor Giselher Spitzer und Erik Eggers ist vor dem Abschluss der Studie im Streit mit ihren Auftraggebern aus dem Projekt ausgestiegen.

Die Wissenschaftler: Es fehlt Geld und es wurde ins wissenschaftliche Arbeiten eingegriffen. „Wir wollen publizieren, und unsere Arbeit muss ohne Behinderung und ohne Geheimhaltung weitergehen, und dann soll die Wissenschaft und nicht Herr Vesper oder Herr Fischer darüber entscheiden“. Die wollen die westdeutsche Doping-Praxis gar nicht im Detail öffentlich machen.

Fischer: Wir wollen keine Aufklärung über Mitwirkende an Betrugs-Konzeptionen. Wegen der „hohen Datenschutz-Standards“ und der „Gefahr von Schaden-Ersatz-Klagen“ wollen wir keine Nennung von Namen verantwortlicher Funktionäre und dopender Sportler.

Vesper: „Ich will einen belastbaren(??) Bericht und keinen Kriminalroman“. (Mafia ja!, Corleone nein?)

Hintergrund: Spitzer und sein Team hatten schon im ersten Zwischen-Bericht im Herbst 2011 West-Deutschland für die Jahre 1970 bis 1990 ein „systematisches Doping“ attestiert und dem langjährigen NOK-Chef Willi Daume, Vorgänger des DOSB-Chefs Thomas Bach im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), sogar „billigende Mitwisserschaft“ vorgeworfen.

Dass überdies drei Nationalspieler bei der WM 1966 das verbotene Mittel Ephedrin eingenommen hätten, musste der Deutsche Fußball-Bund (DFB) daraufhin doch tatsächlich durch den Sportrechtler Professor Martin Nolte „widerlegen“ lassen.

Das Possenspiel um die Pharma-Vergangenheit des westdeutschen Sports und die Frage, wer nach der Wende was gewusst hat, geht also weiter.


Wer den vollständigen Artikel lesen möchte, gehe zu:

„Die haben keine Ahnung“
Gescheiterte Doping-Studie:
Forscher attackieren Funktionäre

SZ/DPA/SID
Süddeutsche Zeitung, 8. November 2012

Siehe auch:


nach oben

zurück zu: Dies&das

zurück zu ekdamerow