Wiar a Traum

35 Jahre Spider Murphy Gang - die große Rock Sehnsucht in ihrer Heimatstadt


Exzerpt eines Artikels von KARL FORSTER


Hamburg Fuhlsbüttel. Der Taxifahrer kramt auf mein „Nach Schpeersoart bitte“, an Stelle des ortsüblich vornehmen „S-peersort“, in einer Tasche voller Musik Kassetten - damals, in den Achtzigern ein gängiger Tonträger - legt ein, drückt auf „Play“, und der Benz füllt sich mit Tönen, die mir so vertraut vorkommen, als säße ich daheim in München beim Frühschoppen mit Livemusik.

Er brüllt etwas wie: „Na, das müsste Dir doch gefallen! Ist ja aus Deiner Heimat!“ Ja klar, und wo sonst gab es damals schon einen „Skandal im Sperrbezirk“? Es ist die Spider Murphy Gang, durch die die Welt erfuhr, wie den Münchenern die Unmoral ausgetrieben wurde.

„Leider“ feiert diese Band nun 35. Bühnenjubiläum. Leider, weil dieses Fest auch deutlich macht, dass man seit dem ersten Frühschoppen mit den Spiders im „Allotria“ in der Türkenstraße – heute „Café Puck“ – um eben so viel älter geworden ist.

Im „Allotria“, wo es sonst gepflegten Dixieland-Jazz gab, mit dem Wirt am Schlagzeug, wurden die Spiders aber nicht entdeckt, sondern im „Memoland“, einem Schwabinger Laden des legendären Musik Kneipiers Memo Rhein.

Dabei half der mittlerweile verstorbene Rolling Schorsch, alias Georg Kostyas, der Rock’n’Roll-verrückte Plattenaufleger des Bayerischen Rundfunks. Der sagte zu Günther Sigl: „Singts doch auf Bayrisch“ und schon zogen die Spiders die „Rock’n’Roll Schua“ an und bedichteten den Sperrbezirk und seine Rosi.

Bis dahin hatten sich die vier Musiker vornehmlich aus dem Fundes der Rock’n’Roll-Literatur bedient: Der echte Spider Murphy war Saxofonist in Elvis Presleys „Jailhouse Rock“-Band. Wie der Spider-Gitarrist von damals, Barny Murphy wirklich heißt, weiß kein Mensch. Der spielte zusammen mit Michael Busse an den Tasten und es trommelte Franz Trojan, der heute einen Schlagzeugladen im Glockenbachviertel betreibt.

Die Spider Murphy Gang traf mit ihrem Dialekt-Rock auf den Markt einer recht orientierungslosen Musikszene mit Punk Bands, Neuer Deutscher Welle, einer Ersten Allgemeinen Verunsicherung aus Österreich und Wiggerl Adams wilder Politrock-Combo Hallucination Company.

Die Spiders bedienten die große Rock-Sehnsucht, was auch heute noch funktioniert, und verbanden sie mit ihrer Heimatstadt. Lieder wie „Schickeria“ und „Dolce Vita“ haben einen zeitlosen Bezug zu München, und sie zeigen, dass Bayrisch fast so gut zur Rockmusik passt wie Österreichisch.

Im Gegensatz zu diversen aufstrebenden Bayern-Rock-Bands zeigte die Spider Murphy Gang eine fürs harte Bühnengeschäft notwendige professionelle Einstellung, die auch durch den Austausch von Michael Busse und Franz Trojan durch Wiggerl Seuss und Paul Dax und die Erweiterung durch die Gitarreros Willie Duncan und Gerhard Gmell nicht gelitten hat, und eine gnadenlose Verweigerung jeglicher musikalischer Experimente.

Dazu kam noch eine ziemlich klare Band Struktur, die Hierarchie zu nennen einen falschen Zungenschlag reinbrächte: Günther Sigl, einer der wenigen Leadsänger, die wie Sting oder Paul McCartney, dazu Bass spielen können, ist der Chef – der Rest ist egal.

So hat das Spider-Murphy-Konzept alle musikalischen Moden überlebt, weil man sich der größten, einflussreichsten und ehrlichsten Mode verschrieben hat: Dem Rock’n’Roll.

Wie sagt Günther Sigl, der einst Bankkaufmann lernte, in dem Lied „Sch-Bum“: „s‘ Leb’n is wiar a Traum, wenn i mit dir aloa im Reg’n spazier’n geh‘, mit dir ganz eng um schlunga vor da Haustür steh‘.“

So ein Lied hört man gerne, an jeder Ecke dieser Welt, auch in Hamburg, wenn es regnet...

...und denkt dann an München in der Nacht.


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Wiar a Traum
Seit 35 Jahren steht die Spider Murphy Gang auf der Bühne – am Samstag bekommt die Band dafür die Medaille „München leuchtet“

Von KARL FORSTER
Süddeutsche Zeitung, 21. Juli 2012


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