13.9.2003

Ganz-Open-Air in Vettweiß-Disternich,

im Frohnhof von Elisabeth, Andreas und Laurenz Stürmer, mit eseligem, hängebauchschweinigem, huhnigem und sonstigem untierischen Anhang.

Eine Woche vorher: Wo stellen wir die Bühne hin? Es könnte regnen. Also: in den linken Scheunen-Eingang, PA draußen = an Abdeck-Planen denken! Rüdiger hat einen Kumpel, der hat einen Anhänger, den er zu zivilen Bedingungen verleiht und der auch hinter Rüdiger 'singen Benz' passt. Da dieser Hänger aber nur den gröbsten Teil der PA fasst, müssen alle mit PKW und deren Stauraum nutzend anreisen.

Drei Tage vorher: Erste Probe nach der Ferienpause* mit Rhythmusgitarrist Patrick verläuft dafür* ganz passabel.

Zwei Tage vorher: Kathastrophe: Patrick erklärt seinen "Notausstieg" - unter Musikern wohl eine Todsünde, Brockenhinschmiss zwei Tage vor dem Gig - seine Erklärungen sind aber nachvollziehbar, kurz gefaßt: Existenzielle Panik; Arme Akademische Jugend 2003, was für eine Schul-Politik musst Du erleiden. Schreckminuten, traurig sein, weitermachen: Umbau der playlist, Schade: The Wizzard (Uriah Heep) geht ohne zweite Gitarre nicht. S.......! Rüdiger muss auf die Schnelle wieder mehr Untermalung übernehmen.

Oppe datte manne juutejeet???

Samstagmorgen: Humboldt-Gamnasium Köln, Equipment aus dem Keller, einladen. Fahrt nach Disternich. Ich nutze den Abstecher nach Düren, wo Harald noch fehlende Farbfilter der Lichtanlage und ein Kabel bei Vater Busse abgegeben hatte, um meinen alten Führerschein zur einmonatigen Kur beim dortigen Straßen-Verkehrsamt zu bringen. Ein netter Grün-Gewandeter war im Verlauf unseres letzten Biker's-Inn-Gigs der Meinung, mein Lappen habe diese Kur nötig, da er nicht mehr in der Lage wäre, seinen Besitzer sicher mit 107 Kilometer pro Stunde durch die mit 70 Km/h ausgeschilderte Eifel zu begleiten, und die eingeräumte viermonatige Frist zum Antritt der Kur lief mit eben diesem Datum ab. Doch, am Straßen-Verkehrsamt Düren: Denkste - wo ist er denn? In den Tüten, wo er sein sollte/könnte, ist er nicht. Also, habe ich ihn wohl in Köln vergessen: Sonntag ist folglich keine Langeweile, noch eine Düren-Tour!

Es wird wohl, toi, toi, toi, nicht regnen, zwölf Bühnenelemente, die Andreas von der Kirchengemeinde leihen kann (tolle Teile, 60 cm hoch, ideal, leider nicht uns!), werden wohl rechts in der Hofecke, also nicht Half-, doch Ganz-Open-Air, aufgebaut werden können. Dort standen sie denn auch, als wir am Samstagmittag, 13. September, letzten Samstag in den Großen Ferien, durch das Tor des Frohnhofes in einen sonnundurchfluteten Innenhof lugten.

In dieser Atmosphäre ging der Aufbau in gewohnter Breite und Länge, aber stressarm, vonstatten. General Haralds Licht wollte sich jedoch ums Verrecken, auch nach mehreren fragenden Telefonaten mit Frankreich, nicht mit dem Lichtmischpult liieren lassen - Major Uwe will einen Besen knutschen, wenn das mit den beiden gelieferten Kabeln möglich sein sollte (im Byker's Inn, im nächsten Monat, werden wir's wissen) - also: alle Kabel raus, Verteilerdosen 'ran und auf Dauerlicht fahren. Na bitte, ging ja auch so!

Der Soundcheck lief unter den Hall-bedingungen des höflichen Ambientes garnicht so schlecht, möglicherweise auch dank einer nach hinten oben dämpfenden Stoffbahn, die Andreas mit schneller helfender Handwerkerhand an die Hinter-Bühnen-Hofwand zauberte.

Als Geniestreich eines späten 50sten-Geburtstagsabends bei Roger Jende in Duisburg, checkten die Blues-Barden Roger und Klaus aus eben dieser schönen Ruhrperle, man höre und staune, als Vorgruppe von JUST IN TIME, ebenso erfolgeich ihren Sound.

Die Gitarren werden mit Decken vor der septemberlichen, immer noch ganz nett bratenden Voreifelsonne versteckt, leider nicht die Elektronen- und Midi-Kisten von Rüdiger. Nächstes Verhängnis: Irgendeine Komponente, Oberheim, Korg, was auch immer, hatte einen Hitzschlag oder sonstige Zipperlein erlitten, die Orgel wollte nicht mehr. Dann tat sie's ganz kurz, dann wieder in alter Frische nicht mehr. Au weia! Neu hochfahren? Wag's doch! Er wagt, es gelingt, aber es funktioniert nach wie vor nicht. Das kann ja heiter werden! Motto wie so oft: Zurechtfummeln!

Nachdem wir mit diesen unseren und ähnlichen Vorbereitungen weitgehend fäädisch waren, nahmen wir nun erst richtig wahr, was die Stürmers, vor allem Andreas und Laurenz aber noch vor allemer Elisabeth und Scharen von Helfern und Helferinnen unter dem Motto "Lass' Kürbis um mich sein", alles auf die Beine, die Tische und sonstige Gelände-Unebenheiten gestellt hatten. Gigantisch. Welch fürstliche Gelegenheit und welch mindestens ebensolche Verpflichtung ein solch frugales Gemäuer doch ist!

So allmählich vollzieht sich ein kaum wahrnehmbarer Gradient von wenig Gästen und vielen Helfern zu vielen Gästen und immer noch vielen Helfern. Anders gesagt: der Frohnhof füllt sich mit schnatternden - neudeutsch: hochkommunikativen - Menschen auf Klappstühlen an ebensolchen Tischen in einem sonniglichen Voreifeldörfchen.

Mit einem Mal stehen Roger und Klaus auf der Bühne. Es geht los. Es ist halb sieben. Fünf Stücke, zwei Gitarren und zwei Stimmen erfreuen die unbeirrt und weiter schnatternde Schar, zu der wir inzwischen auch gehörten.

Dann nahm das Verhängnis seinen Lauf: JUST IN TIME enterten die Bühne. Ennio Morricone, "Ein Halleluia für zwei Halunken", hallt in die Abendsonne, die kommunikative Gemeinde geht mit, toll, hätt' ich gar nicht gedacht. Der Mix scheint gut zu funktionieren, jedenfalls deute ich Uwes Gesicht so, solange ich es gegen die untergehende Sonne und in die immer greller werdenen Dauerscheinwerfer noch erkennen kann. Bis13:Jessie, alles paletti?!, 14:Born To Be Wild: ich höre den Bass nicht mehr, nachdem einige gigantische Rückkoppelungen durch den Frohnhof gewummert sind. Uwe später: Es war wie verhext, alle Einstellungen stimmten plötzlich nicht mehr. Jörg: mein Monitor pustete mir den Kopf weg!

Lag es an der empfindlichen Kälte, die langsam in alle Glieder und auch alle Potis gekrochen war? Purple-Block: Child in time geht nicht - Rüdigers Orgel ist nicht mehr auffindbar. Also: Smoke On The Water und Pause!

Viel Erklärungsbedarf, eine Zigarette. Fast unbemerkt nutzt eine "Ahl Sau" die verwaisten Mikros und lädt andere "Ahl Säu"(Mitglieder eines Karnevalsvereins) zu einem geheimen Treffen ein.

Die Zugabe soll beginnen, Anlauf zu Ozzys "Dreamer", Jörg ist mitten in der Jungfernfahrt zu seinem ersten Drumsolo bei JUST IN TIME ..... da marschiert eine Trommler-Truppe von "Ahlen Säuen" durch das Tor des Frohnhofs und lässt sich auch durch Jörg und mich nicht bei der Darbietung rheinischen Frohsinns stören. Ärgerlich, weil Produkt mangelnder Kommunikation und der klimatischen Gegebenheiten:

JUST IN TIME wird es kälter und kälter, Elke meint fast, ihre Finger bleiben an ihrer Kanne kleben, ich kann teilweise die Finger der linken Hand nicht mehr biegen, trotz Jacke wird mein Körperkern kalt, mehr noch friert Mike, der mannhaft im hemdigen Autfit immer unfitter werdend verharrt und dessen launige Stimmung entsprechende Bahnen nahm. Kurzum, nach ahlsäuisch verordneter Kältekur, zwei Stücke, Zugabe in Kurzfassung und Schluss. Ein Auftritt mit so vielen Hinder-nissen und -nisschen wie wir noch keinen erlebt haben.

Nach Abbau und Abreise von Jörg und Rüdiger, Klaaf am Fässchen, alkoholisierte Emotiönschen und ein pekuniäres Spitzen-Dankeschön (bisher nicht überboten!), abgerundet durch eine Führung des Hausherren in die Strohhallen-Kemenate mit freiem Blick auf pfannenbedeckte Dachsparren und Käuzchen-Visitenkarten, alias Scheune, in den Schlafsack und in die Stundenglockennacht geschnarcht...! Wenn ich bei dieser akustischen Kulisse: - meldegaile Hähne, glücklich gurgelnde Freilaufhühner, erstaunlich leis-iahende Esel und Donnerhall der Stundenglocke der Turmuhr unter meinem Schlafsack? Nein, der Dorfkirche nebenan? Egal, wenn ich in meinem Leben nur immer so gut geschlafen hätte!

Frühstück in der Morgensonne des Frohnhofs, Aufräumen der Gartenmöbel,

ein herzliches, ganz GROSSES DANKESCHÖN an die STÜRMERS, Andreas, Laurenz und Elisabeth! Es war ein tolles Wochenende - rein musikalisch haben wir viel dazu gelernt, menschlich auch.

Der Hänger steht in Rüdigers Garage, kann in der Montagprobe geleert werden. Uwe Elke und Karlneinz fahren sonntags direkt zum Humboldt und entleeren unsere Benzinkutschen in den Probenraum.

Ei, siehe da: ganz unten im Stauraum, in der Jutetüte, in der er auch sein sollte, meldete sich mein Führerschein zurück. Auf, in den Seat, nach Düren, die Führerschein-Kur ruft!

... ... ...

Freitag, den 9.10.2003, die Post bringt mir meinen gut erholten "Lappen" zurück, rechtzeitig vor dem zweiten Jahresgig im Biker's Inn. Er muss nun weiter seinen harten Dienst in meiner Brieftasche tun!

Bis die Tage,

Euer Karlheinz